In meinem ersten Leben lernte ich das Handwerk des Maschinenschlossers. Ich reparierte alte Maschinen, ich baute neue zusammen und natürlich bastelte ich an meinen Autos und Motorrädern selber herum. Das alles spielte sich vor der Jahrtausendwende ab. Danach wurde urplötzlich alles anders.
2001 hatte ich einen beinahe tödlich verlaufenden Verkehrsunfall mit meinem Motorrad. Über ein Jahr und ca. 17 Vollnarkosen später konnte ich Krankenhaus und Rehabilitation hinter mir lassen. Es änderte sich einiges in meinem Leben, doch dass ich plötzlich wie hilflos vor Werkzeug und handwerklichen Aufgaben im Haushalt stehen würde, das hätte ich mir nicht träumen lassen.
Am Anfang redete ich mir nur ein, dass das der Erschöpfung nach all den Narkosen und Operationen geschuldet sei. Als ich nicht mehr erschöpft war, dachte ich, ich sei einfach faul geworden. Aber das war wohl die einfach Antwort, die wie so oft die falsche Antwort ist. Der Zustand ging und geht tiefer. Das merkte ich eines Tages, als ein guter Freund eine Bitte hatte und ich natürlich ja sagte. Er hatte gerade sein Haus fertig gebaut und ihm war aufgefallen, dass bei einer Alu-Leiste eine Ausnehmung für ein Rohr fehlte.
Ich überlegte nicht lange und nahm die Leiste mit zu mir nach Hause in den Keller. Und dann stand ich da. Wieder starrte ich nahezu hilflos die Leiste an. In meinem Kopf waren die Schritte klar und deutlich zu sehen, aber ich konnte mir die Umsetzung praktisch überhaupt nicht vorstellen. Anzeichnen, Löcher bohren, Aussparung sägen, alles winklig feilen und entgraten.
Am Ende habe ich es geschafft. Aber es war purer Stress und mir stand das Wasser auf dem Rücken. Ich habe keine Ahnung was das ist, ich weiß nur, dass ich als Schlosser verloren hätte. Zu meinem Glück ergriff ich nach dem Unfall einen anderen Beruf und stehe heute nicht ohne Arbeit da. Das Arbeiten mit Werkzeug, technische Dinge auseinander nehmen, reparieren und wieder zusammenbauen, das ist auf eine irrwitzige Art und Weise nicht mehr möglich für mich. Was da kaputt gegangen ist, kann ich nicht sagen. Es sind so kleine Dinge, wie zum Beispiel, dass ich früher Bilder nur mit Augenmaß immer (IMMER) gerade aufhängen konnte. Heute sind die alle schief, obwohl ich vorsorglich mit Maßband und Wasserwaage hantiert habe.
Mittlerweile kann ich damit leben. Anfänglich war diese Erkenntnis echt schwer zu verdauen. Ich habe das gelernt. Habe eine Ausbildung absolviert und war gut in dem was ich gemacht habe. Dann ist das praktisch einfach weg. Es ist ja nicht das Wissen weg, nur die Umwandlung von Wissen in praktische Tätigkeit ist kaputt. Ich kann das nicht erklären, aber vielleicht versteht ihr was ich meine :)
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