Verkehrsinfarkt

Ein falscher Begriff

Man liest immer wieder vom #Verkehrsinfarkt, wenn gemeint ist, dass der Autoverkehr zum erliegen kommt. Jeder weiß was gemeint ist, und dass das nicht gut ist. So wie auch “alle” wissen, dass Stau ein Problem sei. Schließlich kommt man ja nicht mehr weiter, wenn man im Stau steht.

Aber eigentlich ist der Begriff falsch und er suggeriert auch eine falsche Handlungsanweisung.

Legen wir das einmal um auf den Bereich, wo der Begriff herkommt. Menschen haben einen Herzinfarkt, einen Lungeninfarkt,… Das Blut kommt bei einer Engstelle nicht mehr durch und das dahinterliegende Gewebe stirbt ab. Oft sogar der segnet der ganze Mensch das Zeitliche als Folge.

Die Medizin spricht hier eindeutig vom Organ, welches betroffen ist. Niemand sagt, man habe einen #Blutinfarkt. Denn das ist absurd.

Wie kommt es zu einem solchen Infarkt im Körper? Durch ungesunde Lebensweise werden die Gefäßwände beschädigt, der Körper versucht es zu reparieren und engt dadurch immer mehr das Gefäß ein. Oder das Blut wird dickflüssiger. Die Blutbestandteile verklumpen und irgendwann ist es soweit, dass so ein Blutklumpen stecken bleibt. Entweder bleib der Klumpen stecken, weil das Gefäß zu klein wird, oder weil in einem großen Gefäß eine Verengung ist.

Wiederum umgelegt auf das Verkehrsgeschehen kann man nun behaupten, die Behälter die zum Transport von Nährstoffen und Sauerstoff im Blut, oder zum Transport von Menschen und Gütern im Verkehr dienen, werden immer größer, transportieren aber deswegen nicht mehr sondern verursachen nur mehr Ressourcenverbrauch und beschädigen die Wege… Der PKW, der SUV, der LKW ist also der Thrombus des Verkehrs…

Wieder zurück in den Körper. Wie begegnet man so einem Infarkt, sofern man ihn überlebt oder vermeiden möchte? Nun… durch gesunde Lebensweise versucht man die verklumpten Blutbestandteile wieder in kleine Einheiten aufzulösen und die Blutgefäße in Schuss zu halten. Das würde dann im Verkehr bedeuten, man löst die zu großen Einheiten in viele kleine Einheiten, wie sie Räder oder Fußgehende sind, aufzulösen. Diese bekommen dann genau für sie ordentliche Verkehrswege, damit diese kleinsten Einheiten des Verkehrsgeschehens auch wirklich ohne Behinderungen durch die Organe einer Stadt fließen können. Der andere Weg ist, eine Engstelle aufzulösen oder mittels Bypass zu umgehen. Das funktioniert bei größeren Gefäßen, die feinen Kapillargefäße aber können nicht gedehnt werden. Dort sind Ablagerungen oder kleinste Thromben schon fatal bis letal.

Insoferne ist das Bild des “Verkehrs” welcher “wie Blut in die kleinsten Gassen fließen muss” schon sehr richtig. Die Reduzierung des “Verkehrs” auf den “Autoverkehr” allerdings der völlig falsche Ansatz. Der führt dann in der Folge nämlich – wie wir tagtäglich beobachten können – zum #Stadtinfarkt, #Dorfinfarkt, #Einzelhandelsinfarkt, #Nahversorgungsinfarkt, #Innenstadtinfarkt, #Vorstadtinfarkt

Neue Begriffe braucht das Land

Wie wäre es, wenn wir ab nun nicht mehr vom Verkehrsinfarkt reden, sondern nur mehr von den Betroffenen Organen des organisierten Zusammenlebens und genau die Begriffe vom Ende des letzten Absatzes verwenden? In Diskussionen, in Beiträgen in Blogs und Vlogs, in Postings auf Social Media…

Während der #Verkehrsinfarkt analog dem #Blutinfarkt suggeriert, es müsse der “Verkehr” genauer genommen der Autoverkehr“ behandelt oder geheilt werden, vermittelt der #Stadtinfarkt, der #Dorfinfarkt, der #Innenstadtinfarkt, dass der Stadtteil, das Dorf oder die ganze Stadt durch veränderte Verkehrs(Lebens)Gewohnheiten gerettet oder geheilt werden müsse. Damit ist der Fokus weg vom Auto und hin auf das eigentliche Problem und die Lösung gerichtet.

Würde man einen Herzinfarkt mit den Mitteln der aktuellen Verkehrsplanung behandeln wollen, hätten wohl schon viele Menschen trotz falscher Ernährung und Bewegungsgewohnheit eine 3. oder gar 4. Aorta und vervielfachte Herzkranzgefäße ohne am Leben etwas zu verändern. Das wird gerade beim Herzinfarkt ja auch mittels Stents oder Bypass-Operationen versucht. Das verlängert zwar das Leben der Patienten, aber es löst das Problem nicht nachhaltig, sofern diese ihre Lebensgewohnheiten nicht verändern. Es folgt die nächste und nächste lebensgefährliche Operation. So wie Wien mit der Südosttangente eigentlich nur einen Bypass zur Schlachthausgasse gebaut hat, und dann mit der S1 (Wiener Außenringschnellstraße) vorzeigt. Entlastung hat bisher keine einzige dieser Straßen gebracht, nur noch mehr Landschaft belastet und zerstört.